In einem kurzen Video erläutert ein Schriftsteller, dass wenn wir Zimt hören, die gleichen Gehirnareale aktiviert werden, als würden wir Zimt riechen. Er möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass wenn wir einen lebendigen Text schreiben möchten, in dem der Zuhörer mitgerissen wird, dürfen wir nicht einfach nur oberflächlich „es schmeckte gut“ schreiben, sondern klare Worte finden, die unser Gehirn in einen direkt sinnhaften Bezug führt. So entsteht eine synästhetische Erfahrung. Wie weit diese Erkenntnis reicht, können wir erfahren, wenn wir im Üben alle Ebenen, die das NeidanGong beschreibt, mit einbeziehen.
Geht es beispielsweise um die klassische Anweisung des Sinkens in einer Bewegung, wie man sie häufig hört im Taiji, so üben wir nicht nur auf einer rein körperlichen Ebene, das Brustbein einsinken zu lassen, den unteren Rücken zu runden und die Knie zu beugen, sondern bekommen noch ein wundervoll blumiges Bild dazu, wie zum Beispiel, dass sanfter Regen durch unserem Körper fließt. Üben wir dies in der Tiefe, entsteht das gleiche Phänomen, als würden wir Zimt hören und den Geruch von Zimt verarbeiten. Unsere Vorstellung löst etwas in uns aus. Mit dem Regen nutzen wir eine Erfahrung, die wir erlebt haben, weiten sie in uns aus und führen somit keine mechanische Bewegung aus, weil sie sich ein großer Meister einmal so ausgedacht hat, sondern folgen einem natürlichem Bild, welches uns ein Prinzip vermittelt. Ist uns eine Erfahrung nicht zu eigen, können wir uns verschieden Ebenen bedienen, um diese in uns zu integrieren.
Wir können den Regen betrachten und einen visuellen Eindruck gewinnen oder eine körperliche Bewegung vorweg üben und sie dann, auf den verschiedenen Ebenen unseres Seins ausweiten. Das ist Qi Gong, die Arbeit mit der Energie, die wir bewusst leiten.
So umfasst die Anweisung Sinken, im besten Fall nicht mehr nur die oben genannten drei einzelnen Segmente des Körpers, sondern ein geistiges Bild, eine folgende Emotion und ein natürliches Sinken im ganzen Körper, welches sich wieder weiter auf die vorher genannten Ebenen ausbreitet. So vertiefen wir „Sinken“, so dass sich die Stirnfalten von alleine legen, der Geist sich beruhigt, die Schultern sich entspannen…. . Vorausgesetzt wir sind dazu in der Lage und eine gute Verbindung besteht in uns.
Hier würde ich empfehlen, selbst in die Erfahrung einzutauchen und im Üben mehr und mehr zu entdecken.
Andersherum funktioniert dieses Spiel natürlich auch. Legen wir uns mit rundem Rücken aufs Sofa, folgt im natürlichen/gesunden Zustand automatisch die Regulierung des Nervensystems und die Beruhigung tritt ein. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist von Vera F. Birkenbihl. Wenn wir die Mundwinkel nach oben ziehen, Aktivierung wir die Nerven, die dem Gehirn signalisieren, dass wir fröhlich sind. Aus dem Erklärungssystem des Daoismus ist das die Verbindung der drei Schätze Shen (Geist), Qi (Emotion/Energie), Jing (Essenz).

Die Grundlage ist die neurologische Verbindung unserer rechten und
linken Gehirnhälfte durch den umgangssprachlichen Balken (Corpus callosum). Vereinfacht betrachtet ist die linke Hemisphäre unseres Gehirns für unser logisches Denken und analytischen Fähigkeiten zuständig und die rechte Hemisphäre des Gehirns ist für die Verarbeitung unserer Eindrucke, als auch unseres Ausdrucks zuständig. Das Zusammenspiele ist es, welches ein gutes Taiji/Neidan(Qi)Gong Üben ausmacht und fördern soll. Nicht nur die typischen Formen und einzelnen körperlichen Übungen aus dem Taiji und QiGong sind dazu imstande. Alle Tätigkeiten, in denen wir auf vielen verschiedenen Ebenen unseres Seins angesprochen sind, ermöglichen uns die Vertiefung unserer Wahrnehmung und Erlebens der Welt. Das NeidanGong birgt hier einen mannigfaltigen Schatz, der in der Basisstufe viele Wege beherbergt. Aus der Erfahrung heraus verfügt das System des NeidanGong über Methoden und Künste, die auf der ganzen Welt in irgendeiner Form die sich aufgetan haben und die wir mit unserer doch eher links-hemisphärischen westlichen Sicht mittlerweile auch entdecken oder wieder an Wertigkeit gewinnen.
Kunst, Tanz, Musik, Bewegung, Mediation, Philosophie, Gebet, Rituale und viele weitere Formen die auf der ganzen Welt zu finden sind, die dem Sinn in sich tragen, auf allen Ebenen zu bestehen.
Das Prinzip des Taiji, so universell wie es ist, bildet sich jedoch auch in diesem Punkt in der Welt ab. Die Verführung durch unsere massive Informationsflut und Zerstreuungsgesellschaft bewirkt auf verheerendste Weise auch das Gegenteil. Hierzu empfehle ich die Gedanken des Neurobiologen Gerald Hüther und die des Philosophen Byung-Chul Han, die diese Thematik sehr umfänglich behandelt haben und von denen viele Information aus diesem Text inspiriert sind.
Besonders Gerald Hüter beschreibt auch immer wieder in verschiedensten Formen und Disziplinen Gegenentwürfe.
Meine Überzeugung und Erfahrung ist es, dass die Philosophie und Praxis des Daoismus ein wohl behüteter Schatz ist, der uns zu solchen anderen Entwürfen auf natürliche Weise führen kann.
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